Im Biathlon geht es um Zeit, um Sekunden, manchmal nur um Bruchteile davon. Jüngst erlebten wir bei den Olympischen Spielen im südkoreanischen Pyeongchang, dass unser Sport mittlerweile sogar die Dimension der Tausendstel-Sekunden-Entscheidungen erreicht hat. Im Duell von Martin Fourcade und Simon Schempp um die Massenstart-Goldmedaille betrug der Hauch, der die beiden Athleten voneinander trennte, gerade einmal 0,018 Sekunden. Da fragt man sich, ob in einem solchen Fall nicht beide Sportler den Sieg verdient hätten? Oder aber man setzt an einer ganz anderen Stelle an, wie es viele Kritiker tun: „Warum ist der Simon denn nicht einfach schneller gelaufen?“ Wenn das nur immer so einfach wäre. Auf der Strecke lassen sich in den meisten Fällen nur wenige Sekunden herausholen, gerade, wenn beide Athleten starke Läufer sind. Wäre es also nicht schlauer, dort Zeit einzusparen, wo noch zu viele Sekunden liegen bleiben? Beim Schießen zum Beispiel. Im Training wird hierzu immer wieder erprobt und getüftelt, wie die Abläufe noch schneller abgewickelt werden können. Aber alle Techniken sind letztendlich nur so gut, wie das Material, das man zur Verfügung hat.
Der Ingenieurgesellschaft P3 aviation GmbH ist es nun gelungen, die Biathlon-Gewehre weiterzuentwickeln und ihre Eigenschaften zu optimieren. Im Rahmen einer firmeninternen „Rookie-Challenge“ hatten Neueinsteiger im Unternehmen die Aufgabe bekommen, spielerisch ein innovatives Produkt zu entwickeln, anhand welchem sich die 3D-Druck-Technologie demonstrieren lässt. Dabei herausgekommen ist ein 3D-gedruckter Gewehrschaft, der genau auf den jeweiligen Athleten abgestimmt werden kann und die sportlichen Leistungen optimal unterstützen soll.
Durch einen 3D-Scan der Hände (auch in Wettkampfhaltung) des Athleten werden zunächst Maße genommen. Dank einer mobilen Methode des Scannens besteht hierbei der Vorteil, dass nur eine einzige Sitzung nötig ist und auf weitere Anproben weitestgehend verzichtet werden kann.
Mithilfe von computergestütztem Design wird anschließend die optimierte Version für den späteren Handgriff des Schafts entworfen und in einem Stück – unter Verwendung eines selektiven Lasersystems – gedruckt. Dabei werden in einem Zug die personalisierte Größe des Schafts und alle notwendigen Prägungen berücksichtigt.
Zum Schluss gibt es wie bei der Autoherstellung eine kleine „Hochzeit“, wenn der entstandene individualisierte Schaft mit dem gängigen Waffensystem der Firma Anschütz kombiniert wird. Letzteres wird nach wie vor von ca. 97 Prozent aller Biathleten im Profibereich genutzt und ist demnach die ideale Ergänzung zum 3D-Schaft, um das perfekte Biathlongewehr herzustellen.
Eine Freude für alle kreativen Biathleten wird sein, dass die P3-Gewehre zudem mit den verschiedensten Designs gefertigt werden können. Durch das System des Wassertransferdrucks können dabei sogar komplexe Muster und andere Bilder auf den Schaft aufgebracht werden. Mit diesem System könnten beispielsweise Athleten wie Erik Lesser in Zukunft ihre Fan-Logos auf ihre Gewehre bringen.Foto: © P3 aviation GmbH
Realisiert werden im neuen P3-Gewehrschaft im Übrigen verschiedenste Forschungserkenntnisse der Luft- und Raumfahrttechnik in Kombination mit bionischer Leichtbauweise, um das Gewehr möglichst im Rahmen des Idealgewichts zu verwirklichen.
Im Moment läuft nun die Testphase der neuen Gewehre, um sie bald bestmöglichst im den Wettkämpfen einsetzen zu können. Und wer weiß, vielleicht wird das System ja schon in der kommenden Saison von Athleten in Weltcups verwendet.