Gabriela Koukalová ist die erfolgreichste Biathletin ihres Heimatlandes Tschechien. Sie gehörte in den vergangenen Jahren zur absoluten Weltspitze im Biathlon und gewann bei den olympischen Spielen 2014 in Sotschi zwei Silbermedaillen und in der Saison 2015/2016 den Gesamtweltcup. Die letzte Saison pausierte sie wegen Problemen mit der Wadenmuskulatur und der Achillessehne. Nachdem sie verkündete, dass sie auch in der nächsten Saison nicht an den Start geht, wird ein Comeback der Tschechin immer unwahrscheinlicher.
In ihrer jüngst erschienen Autobiografie („Jiná“, deutsch: anders) schildert sie jedoch die Schattenseite des Sports. Sie habe für ihre Erfolge gelitten, körperlich und auch mental. Als Kind mochte sie das Trainieren nicht und ging nur ungern zum Training. Ihre Eltern, beide Skilangläufer, ließen ihr oft keine Wahl. Dennoch sei sie ihren Eltern heute dankbar, dass sie sie auf den erfolgreichen Sportweg brachten. Erst in der Pubertät fand sie Gefallen am Sport. Mit dem Einstieg in den Leistungssport begannen aber die Probleme. „Aus mir wurde allmählich eine Frau, die aber nicht mehr die Vorgaben an die Figur und das Gewicht erfüllte. Deshalb fühlte ich mich von meinem Trainer gedemütigt, als er mir dies vorhielt“, sagte Gabriela Koukalová. Sie versuchte, dem Ideal durch Diäten näherzukommen. An machen Tagen hungerte sie und trank nur Wasser. Daraus entwickelte sich eine Essstörung, die sich später in Bulimie wandelte. Sie versuchte die Krankheit zu verschleiern. „Wenn wir mit dem Biathlonteam in ein neues Hotel kamen, habe ich nicht zuerst danach geschaut, ob es WiFi hat, sondern wo die Toiletten sind. Denn die habe ich häufig gleich nach dem Essen aufgesucht“, so die 28-Jährige weiter. Erst vor drei Jahren vertraute sie sich mit Hilfe ihres Ehemanns Petr Koukal einem Facharzt an.
Mit ihrem Buch will sie andere junge Menschen warnen. „Ich möchte nicht, dass weitere junge Sportler Opfer der eigenen Unkenntnis werden“, sagte Gabriela Koukalová. Seit der Herausgabe ihres Buches habe sie schon viele Mails von Betroffenen bekommen und möchte ein Spendenkonto für Bulimie-Kranke eröffnen. Ansonsten konzentriert sie sich in den nächsten Wochen auf ihre Gesundheit, um Kraft zu schöpfen für neue Aufgaben. Auf die Frage, ob sie in den Biathlonweltcup zurück komme, antwortete sie: „Aus den Erfahrungen anderer Sportler, die ihre Karriere mittlerweile beendet haben, ziehe ich die Lehre, dass ich meinen Abschied noch nicht bekannt gebe. Denn ich bin noch jung, und vielleicht bekomme ich nach zwei Jahren wieder Lust, zum Biathlon zurückzukehren. Gegenwärtig aber zweifle ich daran, dass dieser Moment auch eintreten könnte.“