Steffen Lehmker startete bei den Paralympischen Winterspielen von Pyeongchang für das deutsche Team in den Disziplinen Langlauf und Biathlon. Zusammen mit Andrea Eskau und Alexander Ehler gewann er die Bronzemedaille in der Langlaufstaffel.
Seit seiner Geburt leidet er an einer Plexuslähmung im Arm und kann dadurch nur mit einem Arm Skilaufen. Neben dem Leistungssport studiert der 29-Jährige in Göttingen und unterrichtet an einer Berufsschule. Auch als Autor betätigt sich Steffen Lehmker. So gibt er in seinem Buch „Sexy raw food“, das 2014 erschien, Tipps für eine gesunde Ernährung.
Wie bist du Biathlet geworden?
Ich bin zwischen Hamburg und Hannover aufgewachsen und hatte zunächst sehr wenig Kontakt zum Wintersport. Einmal im Jahr bin ich mit meiner Familie nach Antholz zum Skilaufen gefahren. Biathlon war damals schon (als Kind) eine große Inspiration für mich. Biathlet bin ich allerdings erst seit 2014/2015. Nach den Paralympics in Sotschi habe ich mich spontan im Nachwuchsbereich des Behindertensportverbandes gemeldet. Danach ging alles relativ schnell!
Was fasziniert dich an der Sportart?
Wer schon mal auf Langlaufski stand, der weiß, wie viel Geduld man braucht, um technisch gut zu laufen. Ich wollte es unbedingt lernen und die Kombination aus Ausdauer und Schießen fand ich sehr interessant. Es macht einfach Spaß.
Wie oft trainierst du?
Ich trainiere sechsmal in der Woche. Davon etwa drei bis vier Tage auf Skirollern oder Skiern. Die restliche Zeit verbringe ich überwiegend mit Laufen und Fitnessübungen. 10 – 15 Stunden Training fallen durchschnittlich in einer Woche an.
Welche Besonderheiten gibt es beim einarmigen Biathlon?
Das Schießen verläuft über eine Auflage (Feder, die leicht wackelt). Das heißt, mir wird die Waffe am Schießstand gereicht und ich lege sie auf der Auflage ab. Die Auflage imitiert den anderen Arm. Beim Laufen muss ich eine besonders stark ausgeprägte Bauch- und Rückenmuskulatur aufweisen, damit ich stabil bleibe beim Schieben bzw. Stockeinsatz mit einem Arm.
Wie viele Wettkämpfe absolvierst du im Jahr?
Ich absolviere vier bis fünf Weltcups und je nach Saison WM oder Paralympics. Zur Vorbereitung laufe ich Marathon oder Halbmarathon. Manchmal auch Skirollerwettkämpfe.
Welche Dopingvorschriften musst du als Mitglied des Deutschen Behindertensportverbandes beachten?
Als Kaderathlet müssen unsere Daten (Übernachtungsort, Training etc.) über das Programm ADAMS eingetragen werden.
Wie schätzt du die Präsenz des Behindertensports in Deutschland ein?
Meiner Einschätzung nach ist durchaus eine Aufwärtsbewegung erkennbar. Die Medienübertragungen (TV, Radio, Internet etc.) werden umfangreicher und durch Inklusion in Deutschland wird versucht, den Behindertensport weiter zu fördern. Ich bin gespannt, wie sich der Behindertensport weiterentwickelt.
Wie bringst du Leistungssport, Studium und deinen Job als Berufsschullehrer unter einen Hut?
Der Tagesablauf ist streng durchgeplant. Viel Freizeit habe ich nicht, da die Wege auch relativ weit sind. Mein Training ist meine Freizeit. Die andere Zeit bin ich in der Schule, in der Uni oder schreibe Hausarbeiten bzw. lerne für Klausuren. Ein 12 – 14 Stunden Tag ist da ganz normal. Viel Zeit für Familie, Freunde bleibt da (momentan) leider nicht.
Was war das schönste Erlebnis bei den Paralympischen Spielen für dich?
Es gab viele schöne Momente. Die Eröffnungsfeier war das erste große Highlight. Natürlich auch der Moment, als mir klar wurde, dass wir in der Staffel auf dem Podest stehen werden. Für mich war es die erste paralympische Medaille und damit ein ganz großer und emotionaler Moment.
Wo bewahrst du deine Medaille auf?
Momentan nehme ich sie noch häufig mit zu verschiedenen Veranstaltungen. Allerdings habe ich mir schon einen schönen Platz im Wohnzimmer ausgesucht.
Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Buch mit Rezepten für Smoothies zu schreiben?
Mit Anfang 20 hatte ich diverse gesundheitliche Probleme. Darum habe ich mich intensiv mit der Thematik Ernährung/Gesundheit auseinandergesetzt. Durch eine gezielte Ernährungsumstellung habe ich wieder erfolgreich Sport machen können und gesundheitlich ging es wieder bergauf! Das hat mich enorm inspiriert und mir gezeigt, wie wichtig es ist, Menschen zu informieren.
Das Wissen, dass ich von anderen erfahren habe, möchte ich zumindest in einem kleinen Teil meiner Erfahrungen weitergeben. Ich möchte andere motivieren und ihnen zeigen, dass Selbstverantwortung wichtig ist. Die Grundlage jeden Erfolgs ist für mich eine vitalstoffreiche Ernährung.
Was sind deine Ziele für die Zukunft?
Für mich ist es wichtig, dass ich Familie, Beruf und Sport gleichermaßen erleben kann. Eine große Herausforderung wird es sein, alle drei Bereiche in Einklang zu bringen und dabei den Sport weiter auf hohem Niveau auszuüben. Ich schaue von Jahr zu Jahr und wünsche mir noch lange dabeibleiben zu können. Das nächste große Ziel ist die WM in Kanada und in vier Jahren die Paralympics in Peking.